Irreführendes Interview - Falsche Behauptungen über Klimawandel und Greta Thunberg (2024)

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Bis 2020 gehörte die Niederländerin Eva Vlaardingerbroek der rechtspopulistischen Partei Forum voor Democratie an. Seit ihrem Austritt arbeitet sie verstärkt als Influencerin. In einem Youtube-Interview mit ihr geht es um verschiedenen Themen, darunter Klimakrise und Aktivismus. Eine Behauptung aus dem Gespräch: Es gebe «keine endgültigen Beweise, dass wir Menschen Klimaänderungen überhaupt noch herbeiführen». Das sei eine «Lüge» von Klimaaktivisten, um Freiheiten und Rechte einzuschränken. Über die schwedische Aktivistin Greta Thunberg heißt es: Dass sie im Braunkohleort Lützerath «festgenommen» worden sei, sei «alles gestellt». Und auch schon zuvor habe Thunberg gelogen, als sie twitterte, wie sie in einem Zug auf dem Boden sitzen musste: «Sie saß eigentlich auf einem sehr bequemen Platz in der ersten Klasse.»

Bewertung

Der menschengemachte Klimawandel ist keine Lüge. In der Wissenschaft herrscht fast vollständige Einigkeit, dass die starke Klimaerwärmung auf menschliche Aktivität und dadurch freigesetzte Treibhausgase zurückgeht. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich immer wieder bestätigt worden. Greta Thunberg hat zudem nicht über ihre Bahnfahrt im Jahr 2019 gelogen: Einen Sitzplatz hatte sie erst, nachdem sie in einem vollen Zug auf dem Boden gesessen hatte. In Lützerath gab es keine gestellte Festnahme, sondern sie wurde von der Polizei tatsächlich zu einer Identitätsfeststellung gebracht.

Fakten

Wenn fossile Energieträger verbrannt werden, wird Kohlenstoffdioxid (CO2) freigesetzt. Dessen Konzentration in der Erdatmosphäre ist seit Beginn des industriellen Zeitalters stark gestiegen. Untersuchungen haben das immer wieder bestätigt. Laut Weltwetterorganisation WMO liegt die CO2-Konzentration in der Luft derzeit bei mehr als 400 ppm («Parts per Million»). Der Wert ist so hoch wie seit Millionen von Jahren nicht.

Das CO2 sorgt mit weiteren Gasen wie Methan für den sogenannten Treibhauseffekt: Wärmestrahlen der Sonne werden weniger in den Weltraum reflektiert, die Atmosphäre erwärmt sich. Durch menschliche Aktivität wie das Verbrennen von Kohle und Öl hat sich diese Erwärmung seit Beginn der Industrialisierung beschleunigt. Auch das ist in der Klimaforschung unumstritten. Der Weltklimarat IPCC fasst die wissenschaftlichen Ergebnisse regelmäßig zusammen und lässt in seinen Berichten keinen Zweifel daran, dass es sich um menschengemachten Klimawandel handelt.

Erwärmung ohne menschlichen Einfluss nicht erklärbar

Zwar gibt es auch natürliche Phänomene, die sich auf das Klima auswirken, etwa Sonnenzyklen. Doch sie erklären den derzeitigen Anstieg der Durchschnittstemperaturen nicht, wie Forscher der Max-Planck-Gesellschaft 2017 beschrieben haben. Der menschliche Einfluss ist hier ausschlaggebend.

Die durchschnittliche Temperatur auf der Erde lag 2022 laut Angaben der US-Weltraumbehörde Nasa 1,11 Grad über dem Niveau zum Ende des 19. Jahrhunderts. Dass gleichzeitig nach wie vor kalte Winter, Kältewellen oder immer wieder sehr niedrige Temperaturen auftreten, widerspricht dem nicht. In der Wissenschaft gilt der Grundsatz: Wetter ist nicht gleich Klima. Wetter bezieht sich auf ein Ereignis an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit. Klima ist die Gesamtheit von Wetterphänomenen über einen längeren Zeitraum. Durch die Klimaerwärmung können vermehrt extreme Wettersituationen auftreten - dazu können auch Kältewellen zählen.

Es ist also irreführend zu behaupten, dass Klimaaktivismus «auf einer Lüge» beruhe oder «es keine endgültigen Beweise» gebe, «dass wir Menschen Klimaänderungen überhaupt noch herbeiführen». Die Klimaforschung widerspricht diesen Aussagen aus dem Youtube-Video eindeutig.

Alte Falschbehauptung über Thunbergs Bahnfahrt

Über Klimaaktivistin Greta Thunberg heißt es in dem Video: «Greta hat uns mit einem Foto aus der Deutschen Bahn schon einmal belogen. Da saß sie nämlich angeblich auf dem Boden und hat ein Bild gepostet, wie sie auf dem Boden sitzt, ganz bodenständig im Zug, bis dann später rauskam: Sie saß eigentlich auf einem sehr bequemen Platz in der ersten Klasse der Deutschen Bahn.»

Das ist jedoch falsch und wurde schon kurz nach dem Auftauchen des Fotos im Dezember 2019 widerlegt. Thunberg reiste damals mit der Bahn von Basel nach Kiel und twitterte ein Foto von sich auf dem Fußboden eines ICEs. Die Deutsche Bahn reagierte auf Twitter und schrieb: «Noch schöner wäre es gewesen, wenn Du zusätzlich auch berichtet hättest, wie freundlich und kompetent Du von unserem Team an Deinem Sitzplatz in der Ersten Klasse betreut worden bist.» Daraufhin entstand das Gerücht, Thunberg habe das Foto nur inszeniert.

Tatsächlich saß die Klimaaktivistin zunächst nach einem Zugausfall ab Basel auf dem Boden. Später, ab Göttingen, saß sie dann in einem anderen Zug auf dem von der Bahn erwähnten Sitzplatz.

Polizisten warteten mit Thunberg auf Bus

Ungenau ist auch die Behauptung, dass Thunberg gemeinsam mit der Polizei Anfang 2023 Aufnahmen bei Protesten im Braunkohleort Lützerath «gestellt» habe. Richtig ist, dass sie am 17. Januar von Polizisten für eine Identitätsfeststellung weggetragen wurde. Zuvor hatte Thunberg sich laut Polizeiangaben einem Gelände des Energiekonzerns RWE genähert. Aufnahmen von ihr, auf denen Polizisten sie lediglich am Arm halten, entstanden, als sie auf einen Bus warten musste, der Aktivisten vom Gelände brachte. Die Polizei dementiert eine Inszenierung.

(Stand: 30.1.2023)

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